Definition
Bei der Autoimmunhepatitis (AIH) kommt es durch bisher ungeklärte Vorgänge zu einer chronischen Entzündung der Leber. Diese Entzündung wird durch das körpereigene Immunsystem hervorgerufen. Dies soll uns eigentlich vor z.B. Bakterien oder Viren schützen. Im Falle der AIH richtet sich das Immunsystem jedoch gegen die eigene Leber, was zu einer Entzündung führt. Die Autoimmunhepatitis ist eine seltene Erkrankung, sie kommt in Europa bei ca. 1-2 von 100.000 Personen vor, Mädchen sind häufiger als Jungs davon betroffen. Die AIH kann lange keine, oder nur wenige Beschwerden verursachen, sodass die Diagnose oftmals schwierig ist und bei Erst-Diagnose teils schon ein chronischer Umbau der Leber besteht (Zirrhose). Die AIH wird anhand von Blutwerten in zwei Typen unterteilt (AIH Typ 1 und Typ 2), wobei bei Kindern häufiger Typ 1 auftritt. Sobald die AIH diagnostiziert wurde, muss möglichst rasch eine konsequente Therapie begonnen werden, da ansonsten das Risiko für eine starke Zunahme der Entzündung, die bis zu einem akutem Leberversagen führen kann, besteht. Wie alle Autoimmunerkrankungen ist auch die AIH eine chronische Erkrankung. Die Möglichkeit der Heilung besteht derzeit nicht. Auch daher ist meist eine langjährige medikamentöse Therapie notwendig.
Autoimmunhepatitis: Symptomatik
Die Symptomatik kann sehr unterschiedlich sein. So können, auch über einen längeren Zeitraum, allgemeine Symptome wie Müdigkeit, Fieber, Bauchschmerzen oder Appetitlosigkeit auftreten. Teils fallen auch erhöhte Leberwerte im Rahmen von Blutuntersuchungen auf („Zufallsbefunde“). Symptome, wie verlängertes Nasen- oder Zahnfleischbluten und ungewöhnliche blaue Flecken (Hämatome), können auf eine schlechtere Blutstillung (Gerinnung) hinweisen, was wiederum auf eine verminderte Leberfunktion hinweisen könnte. In der klinischen Untersuchung können eine vergrößerte Leber oder Milz oder eine Gelbfärbung von Haut oder Augen (Ikterus) auffallen. Auch andere Organe, wie z.B. die Schilddrüse, können durch eine zeitgleich vorliegende autoimmune Entzündung betroffen sein.
Gerade ein schleichender Verlauf mit nur leichten oder unspezifischen Symptomen und z.B. lediglich leicht erhöhten Leberwerten ist für die AIH nicht ungewöhnlich, aber auch besonders tückisch. Aus diesem chronischen Verlauf kann sich relativ rasch ein akutes, ausgeprägtes Leberversagen entwickeln. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, auch leicht erhöhte Leberwerte ernst zu nehmen und regelmäßig zu kontrollieren.
Diagnostik
Bei Verdacht auf eine AIH wird zunächst eine Blutentnahme durchgeführt. Hier wird in erster Linie zuerst nach den allgemeinen Leberwerten (z.B. GOT und GPT), den Gallengängen (gamma-GT) und der Leberfunktion (inkl. Gerinnung) geschaut. Auch der Bilirubin-Wert (Gallefarbstoff) kann erhöht sein. Oft findet sich eine, teils deutliche, Erhöhung des Immunglobulin-G (IgG), ein wichtiger Teil der Abwehr unseres Immunsystems. Zusätzlich werden weitere Teile des Immunsystems, sog. Antikörper, untersucht. Anhand derer wird die AIH bei Kindern in zwei Typen eingeteilt: Bei Typ 1 finden sich ANA-Antikörper (gegen Zellkernstrukturen) und/oder SMA-Antikörper (gegen Muskelzellen), bei Typ 2 hingegen LKM1-Antikörper (gegen Leber-/Niereneiweiße) und/oder LC1-Antikörper (gegen Leberzellen). Weitere Antikörper Untersuchungen können zusätzliche Informationen liefern.
Wie bei jeder Lebererkrankung wird auch bei V.a. AIH eine Ultraschalluntersuchung der Leber durchgeführt. Dort kann man keine speziellen Veränderungen der AIH sehen, jedoch abschätzen ob es bereits zu einer chronischen Schädigung der Leber gekommen ist.
Besteht der Verdacht auf eine AIH sollte möglichst eine Probe aus der Leber entnommen werden (Leberbiopsie). Dadurch können unter dem Mikroskop einerseits AIH-typische Veränderungen nachgewiesen werden, andererseits erhält man so zusätzliche Informationen darüber, ob die Leber bereits chronisch geschädigt ist.
Therapie bei Autoimmunhepatitis
Sobald sich der Verdacht auf eine AIH erhärtet, sollte umgehend mit einer Behandlung begonnen werden. Um die akute Entzündung zu beenden wird meist als erstes ein Cortison-Präparat (Prednison) gegeben. Dadurch soll das fehlgeleitete Immunsystem unterdrückt und somit die Entzündungsreaktion in der Leber unterbunden werden. Am Anfang wird hier noch mit bewusst höheren Dosierungen gearbeitet, die jedoch, sobald sich die Leber erholt, zügig reduziert werden. Meist wird empfohlen eine geringe Menge Cortison auf Dauer einzunehmen. Zusätzlich wird oft Azathioprin ergänzend verschrieben. Auch das Azathioprin unterdrückt das Immunsystem, dadurch können jedoch höhere Cortison-Dosierungen (mit den damit einhergehenden Nebenwirkungen) oft vermieden werden. Sollte dies nicht ausreichen können weitere Medikamente notwendig werden.
Wichtig ist, dass die Therapie oft Jahrelang, wenn nicht gar lebenslang, durchgeführt werden muss. Denn auch wenn sich z.B. die Blutwerte komplett normalisiert haben, besteht ohne Therapie ein hohes Risiko, dass die Entzündung zurückkehrt, teils auch schwerer als zuvor. Sollte nach mehreren Jahren ohne Probleme darüber nachgedacht werden, ob die Therapie reduziert oder beendet werden kann, sollte zusätzlich eine erneute Biopsie erfolgen, um so auch kleinste Entzündung nicht zu übersehen.
Sollte trotz der begonnenen Therapie die Entzündung und damit die Lebererkrankung weiter voranschreiten, oder bei Diagnose die Leber bereits deutlich geschädigt sein, so muss eventuell eine Lebertransplantation durchgeführt werden. Spätestens dafür sollten die betroffenen Kinder und Jugendlichen dann durch ein Lebertransplantationszentrum mitbetreut werden.
Dr. med. Alexander Weigert
Prof. Dr. med. Rainer Ganschow
Universitätsklinikum Bonn