Definition
Der Morbus Wilson ist eine seltene vererbte Stoffwechselerkrankung mit einer Störung des Kupferstoffwechsels. Dabei wird Kupfer vermindert an das kupferbindende Protein Coeruloplasmin gebunden, da dieses im Blut betroffener Patienten erniedrigt ist. Die Ausscheidung von Kupfer aus dem Körper ist vermindert und Kupfer wird vermehrt in anderen Geweben wie z.B. in der Leber oder im Gehirn abgelagert. Die Vererbung des M. Wilson erfolgt autosomal-rezessiv. Beide Eltern haben ein gesundes Gen und ein defekt Gen, welches die Erkrankung verursacht und sind somit gesund. Wird nun von beiden Eltern das defekte Gen vererbt, dann erkrankt das Kind an einem Morbus Wilson. Die weltweite Krankheitshäufigkeit liegt bei 1:30.000.
Symptomatik
Die Krankheit beginnt meist zwischen dem 5 und 45. Lebensjahr, häufig zwischen dem 13. und 24. Lebensjahr. Die vermehrte Kupferablagerung führt hauptsächlich zur Störung der Leber- und Gehirnfunktion, aber auch andere Organe wie Niere, Augen und Herz können betroffen sein.
Im Kindesalter zeigt sich die Leberschädigung meistens mit einer Erhöhung der Leberwerte (GOT, GPT), einer Gelbsucht (Ikterus) und auch mit Leistungsminderung und Abgeschlagenheit. Es zeigt sich eine Leberentzündung, eine Fettleber oder auch ein Leberumbau im Sinne einer Leberfibrose oder –zirrhose. Es kann auch zu einem plötzlich einsetzenden Leberversagen (akutes Leberversagen) kommen.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen stehen die Störungen des Nervensystems im Vordergrund. Es können Sprach- und Schreibstörungen, ein Zittern der Gliedmaßen und Gang- oder Schluckstörungen auftreten. Die Krankheit kann sich auch durch Störungen der Psyche wie Persönlichkeitsstörungen, Psychosen oder Depressionen zeigen. In der Hornhaut des Auges entsteht aufgrund der vermehrten Kupferablagerung ein grünlich-braun gefärbter Ring, der auch Kayser-Fleischer-Kornealring genannt wird.
Diagnose
- Laborchemische Untersuchungen: Coeruloplasmin im Serum ist erniedrigt. Die Kupferausscheidung im 24h-Sammelurin ist erhöht. Es kommt zu einer vermehrte Kupferausscheidung im Sammelurin nach Gabe von D-Penicillamin (D-Penicillaminbelastungstest).
- Leberbiopsie und Nachweis des erhöhten Kupfergehaltes in der Leber
- Augenärztliche Untersuchung zum Nachweis des Kayser-Fleischer-Kornealring
- Molekulargenetische Untersuchung auf die häufigsten vorkommenden Genveränderungen, ca. 200 verschiedene Genveränderungen sind bisher bekannt
Therapie
Ziel der medikamentösen Therapie ist die Herstellung einer ausgeglichenen Kupferbilanz im Körper. Mit dem Medikament D-Penicillamin (Metalcaptase®) wird das abgelagerte Kupfer gebunden und kann über die Niere ausgeschieden werden (Entkupferungstherapie). Da D-Penicillarnin den Stoffwechsel des Vitamins B6 stört, erfolgt zusätzlich die Gabe von Vitamin B6 (Pyridoxin). Des Weiteren wird die Therapie mit einer Gabe von Zink ergänzt, um die Aufnahme von Kupfer in den Darmzellen zu reduzieren. Ist die Ausscheidung des abgelagerten Kupfers vollständig erfolgt (dieses kann Jahre dauern), kann die Therapie mit D-Penicillamin beendet werden. Es wird dann nur noch die Therapie mit Zink fortgesetzt (Erhaltungstherapie). Eine kupferarme Ernährung (verminderter Genuss von Kakao, Rosinen, Nüssen, Innereien und Krustentieren) wirkt unterstützend, führt aber allein nicht zum Erreichen einer ausgeglichenen Kupferbilanz im Körper.
Kinder, bei denen die Erkrankung vor dem Auftreten von Symptomen diagnostiziert wird, können ausschließlich mit Zink behandelt werden. Dies betrifft z. B. Geschwisterkinder mit entsprechendem Nachweis des erkrankten Gens.
Bei rechtzeitiger und lebenslanger Therapie ist die Lebenserwartung normal und die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen bis auf die regelmäßige Medikamenteneinnahme nicht eingeschränkt.
Bei einem schweren akuten Leberversagen oder eine Leberzirrhose besteht die Möglichkeit einer Lebertransplantation.
Dr. med. Anne Feydt-Schmidt