So war unser Familientag in Essen

Um die Mittagszeit trudeln gut 150 Gäste im Hörsaalzentrum der Uniklinik Essen ein – 60 davon Kinder. Das Besondere: Sie sind alle lebertransplantierte oder leberkranke Kinder und ihre Geschwister. Während ihre Eltern im Hörsaal Platz nehmen, dürfen die Kleinen einen unbeschwerten Tag mit Kinderschminken, Musizieren, Fußball spielen, Rudern oder Inline-Skaten verbringen. Am Samstag, 15. April, fand der Familientag des Vereins Leberkrankes Kind e.V. an der Universitätsklinik Essen statt – mit einem Vortragsprogramm für interessierte Eltern und Entertainment für die Kinder, die sonst zu Blutentnahmen, Untersuchungen oder Biopsien an die Klinik kommen.

 Prof. Dr. Michael Berger, seit Januar Leiter der Kinderchirurgie, sprach über die chirurgischen Besonderheiten von Lebertransplantationen bei Kindern. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, das müssen wir als Chirurgen immer berücksichtigen.“ Gemeinsam mit seinem Team arbeitet Berger daran, die Operationstechniken weiter zu verbessern und intelligente Drainage- und Katheter-Systeme zu entwickeln – auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. „Wir möchten die Gefahr von Komplikationen nach Operationen so gering wie möglich halten, damit die Kinder schnell wieder nach Hause können.“

Prof. Dr. Michael Berger, Leiter der Kinderchirurgie am Uniklinikum Essen, informierte über chirurgische Aspekte der Lebertransplantation bei Kindern (Foto: Daniel Lagerpusch Photography)

Wie lange hält eine transplantierte Leber?

Bergers Kollegin, Oberärztin Prof. Dr. Elke Lainka, ging auf die Frage ein, die allen Eltern transplantierter Kinder unter den Nägeln brennt: Wie lange hält eine transplantierte Leber? „Das lässt sich natürlich nicht allgemeingültig beantworten“, sagt die Kinderhepatologin und Transplantationsmedizinerin. „Aber man kann einiges tun, um die Chancen zu erhöhen, dass das Transplantat möglichst lange hält.“ Die Mitarbeit der Eltern ist für den Transplantationserfolg von essentieller Bedeutung. „Transplantierte Kinder brauchen ihr Leben lang Medikamente. Diese Immunsuppressiva müssen unbedingt regelmäßig und zuverlässig eingenommen werden, um vor einer Abstoßung zu schützen. Hier sind die Eltern gefragt, in der Familie ein Bewusstsein dafür zu schaffen“, so Lainka. Auch regelmäßige Blutentnahmen und Ultraschalluntersuchungen sind wichtig.

Rund 60 lebertransplantierte Kinder und ihre Geschwister nahmen am Familientag teil, einige hörten auch den Vorträgen im Deichmann-Auditorium zu. Foto: Daniel Lagerpusch Photography

Deutschland hinkt bei Organspende hinterher

Auch ein Vortrag zum Transplantationsgesetz stand auf dem Programm. Hier wurde deutlich, dass Deutschland seinen Nachbarländern in Sachen Organspende noch weit hinterherhinkt, unter anderem aufgrund der fehlenden Widerspruchslösung. Berührend war der Erfahrungsbericht einer jungen Erwachsenen, die mit zwölf Jahren aufgrund eines akuten Leberversagens transplantiert werden musste und heute selbst im medizinischen Bereich arbeitet.

Hochspezialisiertes Leberzentrum

Die Klinik für Kinderheilkunde II des Universitätsklinikums Essen ist eines der wenigen hochspezialisierten Zentren für die interdisziplinäre Behandlung und Erforschung komplexer Lebererkrankungen und pädiatrische Lebertransplantationen. Im Jahr 2022 wurden hier 14 Kinder lebertransplantiert, davon vier Säuglinge. Viele Familien müssen weite Wege auf sich nehmen, damit ihr Kind in Essen die bestmögliche Behandlung erhält. So auch Familie Menges aus Ransbach-Baumbach im Westerwald. Bei Sohn Moritz, geboren 2015, wurde die seltene Lebererkrankung PFIC Typ 2 diagnostiziert. Anfang 2017 konnte Papa Klaus ihm ein Stück seiner Leber spenden. Seit fünf Jahren engagiert sich der Steuerberater ehrenamtlich als Schatzmeister im Vorstand des Vereins Leberkrankes Kind e.V.

In Essen lebertransplantiert und Rot-Weiß-Essen Fan: Moritz (7) aus Ransbach-Baumbach. (Foto: Daniel Lagerpusch Photography)

Netzwerktreffen für betroffene Familien

Der Verein Leberkrankes Kind e.V. ist ein deutschlandweit einzigartiges Netzwerk für Familien mit leberkranken und lebertransplantierten Kindern und hat rund 300 Mitgliedsfamilien. „Wenn eine Familie die Diagnose erhält, dass das Kind eine Lebererkrankung hat, womöglich sogar transplantiert werden muss, ist das erstmal ein Schock. Wir vom Verein sind der erste Ansprechpartner und möchten den Familien vor allem eines vermitteln: Ihr seid nicht allein!“, sagt die Essenerin Berit Kunze-Hullmann, erste Vorsitzende des Vereins und selbst Mutter einer Tochter, die im Alter von einem Jahr lebertransplantiert wurde. Der Familientag des Vereins findet jährlich wechselnd an einer der auf Lebererkrankungen spezialisierten Universitätskliniken in Deutschland statt.