Definition
Die Leber als zentrales Stoffwechselorgan des Körpers ist bei vielen Stoffwechselerkrankungen betroffen. Andererseits gibt es einige Stoffwechselerkrankungen, die zwar ihre Ursache in der Leber haben, bei denen die Leberfunktion selbst unbeeinträchtigt ist, aber schwere Auswirkungen auf andere Organsysteme des Körpers bestehen. Hier ist es unter Umständen auch bei gesunder Leber möglich durch eine Lebertransplantation die Heilung der Stoffwechselerkrankung zu bewirken.
Stoffwechselerkrankungen die im frühen Kindesalter zu einem Ikterus (Gelbsucht) führen können
sind beispielsweise der α1-Antitrypsinmangel, die Cystische Fibrose (Mukoviszidose), die Tyrosinämie Typ I, Gallensäuresynthesedefekte, die familiäreren progressiven intrahepatischen Cholestasesyndrome (auch PFIC oder Morbus Byler genannt), die Speichererkrankung Morbus Niemann Pick Typ C und sogenannte peroxisomale Erkrankungen sowie mitochondriale Erkrankungen. Bei dem α1-Antitrypsinmangel, der Tyrosinämie Typ I, Gallensäurensynthesedefekten und progressiven Cholestasesyndromen kann durch eine Lebertransplantation die Erkrankung ursächlich geheilt werden. Auch bei Cystischer Fibrose kann eine Lebertransplantation bei starkem Befall der Leber erfolgreich durchgeführt werden, jedoch ist hierdurch keine Heilung der anderen durch die Erkrankung betroffenen Organe zu erreichen. Bei der Speichererkrankung Niemann Pick Typ C und bei peroxisomalen Erkrankungen kann durch eine Lebertransplantation keine dauerhafte Heilung oder Besserung erzielt werden, da zu viele Organsysteme betroffen sind, die trotz gesunder Leber durch die Stoffwechselerkrankung selbst zerstört werden.
Stoffwechselerkrankungen, die zu einem plötzlichen Ausfall der Leber führen können,
sind die neonatale Hämochromatose (Eisenspeichererkrankung), die Galactosämie, Tyrosinämie Typ I, Harnstoffzyklusdefekte (z. B. OTC-Mangel, Citrullinämie), Atmungskettendefekte, Störungen der langkettigen Fettsäureoxidation, Niemann Pick Typ A+B, hereditäre Fructoseintoleranz, mitochondriale Erkrankungen und Morbus Wilson (Kupferspeichererkrankung). Auch hier besteht bei einigen Erkrankungen die Möglichkeit durch rechtzeitige Lebertransplantation eine Heilung herbeizuführen.
Stoffwechselerkrankungen, die zu einer Leberzirrhose führen können,
sind beispielsweise die Glykogenose Typ IV, die Galactosämie, der α1-Antitrypsinmangel, CDG Syndrome und der Morbus Wilson. Hier kann eine Lebertransplantation notwendig werden und unter Umständen eine Heilung herbeiführen.
Stoffwechselerkrankungen, die ohne Erkrankung der Leber zu schweren Organschäden führen können
Sind beispielsweise die Hyperoxalurie Typ 1 (Oxalose), der M. Criigler Najjar, die Propionäcidämie, die Methylmalonazidämie, schwere Hypercholesterinämien und Hämophilien (Bluter). Hier kann durch eine Lebertransplantation der Stoffwechseldefekt geheilt werden.
Therapie
Stoffwechselerkrankungen können zu einer Beeinträchtigung der Leberfunktion mit Ikterus, Leberzirrhose oder auch plötzlichem Leberausfall führen. Es ist möglich, einige dieser Erkrankungen mit Medikamenten erfolgreich zu behandeln (z. B. Morbus Wilson, Tyrosinämie). Andere Stoffwechselerkrankungen, die zu einer Beeinträchtigung der Leberfunktion führen, können durch eine bestimmte Diät erfolgreich behandelt werden (z. B. Fructoseintoleranz, Galaktosämie). Wieder andere Stoffwechselerkrankungen können erfolgreich einer Lebertransplantation zugeführt werden, um Schäden an anderen Organen zu vermeiden (z. B. Oxalose, Harnstoffzyklusstörungen, Methylmalonacidämie). Manche Stoffwechselekrankungen betreffen viel Organsysteme und sind meist auch durch eine Lebertransplantation nicht zu heilen (z. B. Niemann Pick Typ C, mitochondriale Erkrankungen).
Kinder und Jugendliche mit Stoffwechselerkrankungen, die die Leber betreffen, sollten nur in spezialisierten Zentren mit Stoffwechsel- und Leberabteilung behandelt werden, um eine möglichst optimale Betreuung zu gewährleisten.
Dr. med. Daniela Nolkemper